- Beschreibung der Veranstaltung:
Am Freitag, den 27. Februar 2026, ab 17:00 Uhr, findet das Kolloquium „Digitalisierung des Zwangsvollstreckungsrechts“ im Rahmen der Göttinger Kolloquien zur Digitalisierung des Zivilverfahrensrechts statt.
Die Digitalisierung des Zwangsvollstreckungsrechts stand bislang nicht so im Schlaglicht wie andere Themen der Digitalisierung des Zivilverfahrensrechts. Dabei gab es auch in diesem Bereich in den letzten Jahren aus der Literatur grundlegende Reformvorschläge. Zugleich stellen sich grundlegende Fragen der Digitalisierung und der Systemgerechtigkeit digitaler Abläufe, wobei insbesondere aus der anwaltlichen Praxis immer wieder Forderungen nach einer weitergehenden Digitalisierung der Vollstreckungsverfahren erhoben und deren Notwendigkeitnachdrücklich unterstrichen wurden. Jüngst hat der Gesetzgeber nun einen Gesetzentwurf vorgelegt, den er selbst mit der „Digitalisierung der Zwangsvollstreckung“ überschreibt. Dieses Gesetzgebungsvorhaben nehmen wir im Kolloquium zum Anlass, um uns mit den bestehenden Ansätzen und künftigen Perspektiven einer digitalen Vollstreckung auseinanderzusetzen – auch wenn sich insgesamt zeigt, dass der Regierungsentwurf lediglich behutsame und eng umrissene formale Anpassungen vorsieht und eine umfassende Reform bislang ausbleibt.
Der Gesetzentwurf sieht vor, die bislang hybriden Abläufe in der Zwangsvollstreckung zu vereinheitlichen und kündigt eine künftig vollständige Digitalisierung des Verfahrens an. Während derzeit Vollstreckungsaufträge zwar elektronisch übermittelt, die zugrunde liegenden Urkunden jedoch weiterhin in Papierform eingereicht werden müssen, sollen künftig auch diese Urkunden elektronisch übermittelt werden können. Zudem soll der gesamte Dokumentenaustausch zwischen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Behörden und Gerichtsvollzieherinnen bzw. Gerichtsvollziehern elektronisch erfolgen. Langfristig plant die Bundesregierung den Aufbau einer zentralen Datenbank für Vollstreckungstitel, die die Verfahren weiter vereinfachen, Fälschungssicherheit gewährleisten und zugleich den Schutz der Schuldnerinnen und Schuldner verbessern soll. Der Gesetzentwurf ist hier abrufbar.
Das Kolloquium beginnt mit einem einführenden Referat von Dr. Adrian Kramer. Kramer berichtet aus dem Niedersächsischen Justizministerium und wird die Reformvorschläge der Reformkommission „Zivilprozess der Zukunft“ zur Digitalisierung der Zwangsvollstreckung vorstellen. Zugleich wird er diese in Beziehung zu dem aktuellen Gesetzgebungsentwurf der Bundesregierung setzen und dessen Regelungsvorschläge vergleichend einordnen.
Im Anschluss daran wird Prof. Dr. Konstantin Branovitskiy vom Legal Tech Lab Halle vorstellen, in welchen Bereichen das Legal Tech Lab zur Digitalisierung des Zwangsvollstreckungsrechts forscht. Branovitskiy hat bereits im ZPO-Blog zu Reformvorschlägen in diesem Bereich publiziert und wird nun berichten, wie in Sachsen-Anhalt gemeinsam mit Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollziehern an einer digitalen Ausgestaltung der Zwangsvollstreckung gearbeitet wird. Dabei steht derzeit die Grundlagenarbeit im Vordergrund – insbesondere die Frage, welche Daten und Prozessstrukturen für eine funktionierende digitale Vollstreckung erforderlich sind.
Prof. Dr. Jürgen Stamm (FAU Erlangen-Nürnberg) beschäftigt sich seit längerem mit grundlegenden Reformvorschlägen zur Digitalisierung des Zwangsvollstreckungsrechts, gilt in diesem Bereich als einer der renommiertesten Vertreter und hat seine Überlegungen zuletzt in einem Aufsatz in der ZZP 2024, 151–171, näher ausgeführt. Im Kolloquium wird er auf dieser Grundlage ein konzeptionelles Gesamtmodell vorstellen, das die Zwangsvollstreckung in eine umfassend digitalisierte Verfahrensstruktur überführt.
Dr. Peter Gottwald aus dem österreichischen Justizministerium wird darstellen, wie der aktuelle Stand der Digitalisierung des Zwangsvollstreckungsrechts in Österreich ist. Er wird hierbei für das Kolloquium einen rechtsvergleichenden Blick einbringen und aufzeigen, in welchen Bereichen die österreichische Praxis bereits weiterentwickelt ist und welche Erfahrungen dort im Reformprozess gesammelt wurden, die für den deutschen Reformprozess von besonderem Erkenntniswert sein könnten.
- Dozenten der Veranstaltung:
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Prof. Dr. Jürgen Stamm
FAU Erlangen-Nürnberg
Prof. Dr. Konstantin Branovitskiy
Legal Tech Lab Halle
Dr. Peter Gottwald
Österreichischen Justizministerium
Dr. Adrian Kramer
Nds. Justizministerium
Daten der Veranstaltung:
Jessica Laß, Präsidentin des Landgerichts
- 27. Feb. 2026 17:00 - 19:30 Uhr